Denn 3D-gedruckte Schneidelemente lassen sich hinsichtlich ihres Substrats derart optimieren, dass viel längere Standzeiten möglich werden.
Axel Wittig, Gründer und Geschäftsführer von Webo ist sich sicher: „Wenn man mir 2016 gesagt hätte, dass der Einsatz von hochfesten 3D-gedruckten Werkstoffen in Stanz- und Umformwerkzeugen so erfolgreich sein wird, hätte ich das wohl nicht geglaubt.“
Denn zunächst war geplant, den 3D-Druck für Stützkomponenten innerhalb des Werkzeugaufbaus einzusetzen. Im Fokus standen hier Bauteile, die von Schmierkanälen durchzogen sind, gewichtsoptimierte und bewegliche Einheiten sowie komplexe 3D-Formen in begrenzter Größe.
Bei Webo entschied man sich als Fertigungsverfahren für das pulverbettbasierte Laserschmelzen (LPBF) und investierte sogleich in eigene Metall-3D-Drucker.
Vom Prototypenbau über Kleinserien bis hin zu Sonderlösungen zeigte sich, dass der 3D-Druck auch für aktive Bauteile erfolgreich eingesetzt werden kann. Vor allem die Lebensdauer stand nun im Fokus der Entwicklungen von Webo, da sich klassische 3D-Druckmaterialien wie 1.2709 als unzureichend erwiesen hatten.
3D-Druck für Sonderlegierungen
Die Experimentierfreudigkeit von Webo führte dazu, dass Standardpulver mit speziell beschichteten Karbid- und Nitridpulvern gemischt wurden, um verbesserte Materialeigenschaften hinsichtlich der Lebensdauer von Bauteilen zu erzielen. Dies war die Geburtsstunde der mittels additiven Fertigungsverfahren hergestellten MMC (Metal Matrix Composites). Aufgrund des hohen Potenzials wurde 2018 ein eigenes Unternehmen zur Herstellung der MMCs gegründet, die Kolibri Metals GmbH. Anfangs war Webo der größte Kunde von Kolibri, doch der Durchbruch kam, als Schnellarbeitsstähle (HSS) mit hohem Kohlenstoffgehalt, zum Beispiel auf Basis von 1.33XX, in Serie gedruckt werden konnten.
Streng nach dem Motto des Unternehmens: ‘Drucke so wenig wie nötig und so hochfest wie möglich‘, findet heute der größte Teil der Druckaktivitäten im Bereich des Hybriddrucks statt. Hybrid bedeutet, dass auf ein vorhandenes Grundbauteil (Substrat) die aktiven Schichten (Schneid- oder Umformschichten) aus hochverschleißfesten Materialien aufgedruckt werden.
Inzwischen beschränkt man sich bei der Herstellung von MMC nicht mehr auf verschiedene keramische Werkstoffe, sondern fügt dosiert MoS2, Nickel, Iridium, Kohlenstoff und viele weitere Legierungsbestandteile hinzu. „Das wäre mit klassischer Schmelz- oder Pulvermetallurgie (zum Beispiel Sintern) nicht so einfach zu erreichen“, sagt Michael Ackers, Technischer Leiter von Kolibri Metals. „Die spezifischen Gewichte der einzelnen Zusätze würden in einer Schmelze im Stahlwerk nicht zu einer homogenen Verteilung im Gefüge führen. Das ist nur im additiven Prozess möglich.“
Härte und Zähigkeit im optimalen Verhältnis
Durch Zugabe von zum Beispiel Industriediamant in kleinsten Mengen kann eine gezielte Aufkohlung des Werkstoffes erreicht werden. Dadurch können Stähle verwendet werden, die nach dem Härten einen sehr hohen Kohlenstoffgehalt aufweisen und Rockwellhärten von über 67 HRC erreichen können.
Hinsichtlich der Härte sind die Werkstoffeigenschaften von Hartmetall in seinen Varianten nicht erreichbar. Kolibris Ziel ist hingegen ein ausgewogenes Verhältnis von Härte und Zähigkeit mit Härten zwischen 67 und 71 HRC.
Wiederaufbereitung von Stempeln und Matritzen
Die jüngsten Entwicklungen im Hybriddruck für aktive Werkzeugbauteile konzentrieren sich auf die Auswahl eines kostengünstigen, sehr gut fräs- und schweißbaren Grundwerkstoffs mit hoher Härte für eine optimale Anbindung des hochfesten Aufdrucks.
Das Thema Nachhaltigkeit steht dabei besonders im Vordergrund, da die Werkzeuge von Webo einfach abgeschliffen und neu bedruckt werden können. Der Hybriddruck steht somit für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung.
Die Erfahrungsberichte zufriedener Kunden hinsichtlich Standzeit und Reduzierung der Wartungsintervalle sind durchweg positiv, wie Webo feststellen konnte. Es sei sogar schon vorgekommen, dass Kunden die von Webo hergestellten Schneidmatrizen schlichtweg vergessen haben, weil sie einfach ihren Dienst tun.
„Dass am Ende von einer 10-fach längeren Standzeit gesprochen wurde“, so Wittig, „hat auch uns positiv überrascht“.